Stockholm (dpa) - Vor dem Gericht eine Sympathie-Demonstration mit
Piratenflaggen und im Saal der Vorwurf rücksichtsloser Bereicherung an der
Arbeit anderer.Analyse: Es geht um viel im Pirate-Bay-Prozess Bild
vergrößernDer spektakuläre Prozess gegen vier schwedische Verantwortliche
der weltweit größten Internet-Tauschbörse The Pirate Bay hat am Montag in
Stockholm mit schweren Vorwürfen der Anklage begonnen. Aus reiner
Gewinnsucht hätten die vier Angeklagten mit der Plattform die technischen
Möglichkeiten geschaffen, damit Internet-Nutzer weltweit Raubkopien von
urheberrechtlich geschützten Filmen, Musikstücken und Computerprogrammen
kostenlos auf ihre eigenen Computer laden können, sagte Staatsanwalt Håkan
Roswall.Dass es bei dem dreiwöchigen Verfahren um viel mehr geht, als die
vom Staatsanwalt genannte Summe von «mindestens 1,2 Millionen Kronen» (etwa
110 000 Euro) Einnahmen für die Plattform, zeigt in Stockholm auch die
Liste der Nebenkläger mit Namen wie Sony Music und Warner Brothers.
Hollywood und die Musikindustrie erhoffen sich von dem Verfahren in
Schwedens Hauptstadt ein Signal, damit in möglichst vielen Ländern die aus
ihrer Sicht illegalen Dienste zum Tausch von Raubkopien per Internet
zwangsweise abgeschaltet werden.Die Pirate-Bay-Macher Fredrik Neij (30),
Gottfrid Svartholm (24), Peter Sunde (30) und Carl Lundström (48) strahlten
am ersten Prozesstag Gelassenheit aus. «Wir sind die falschen Angeklagten.
Der einzelne Anwender unserer Börse hat die Verantwortung für die
Einhaltung des Copyrights», ließ Neij seinen Anwalt erklären. Denn man
schaffe ja nur die technische Möglichkeit zur Verbindung zwischen
Computern, auf denen das Material gelagert werde.Anwalt Jonas Nilsson
meinte weiter: «Kein einziges urheberrechtlich geschütztes Dokument ist je
durch die Server von Pirate Bay gegangen.» Das sieht die Justiz anders:
Neben Computerspielen und Musik hat sie exemplarisch acht geschützte Filme
benannt, die illegal über Pirate Bay heruntergeladen worden seien.
Pikanterweise auch ein Krimi aus der Kommissar-Wallander-Serie nach Henning
Mankell. Titel: «Der wunde Punkt».Die Macher der schwedischen Börse haben
die um ihre Einnahmen fürchtende Film-, Musik- und Softwareindustrie nicht
nur durch den zahlenmäßigen Erfolg von Pirate Bay mit mehreren Millionen
Nutzern bis aufs Äußerste gereizt. Die Schweden lehnen auch das
Urheberrecht als Rechtsprinzip grundsätzlich ab. Bei ihren Anhängern
genießen sie angesichts der Drohung mit Haftstrafen, 117 Millionen Kronen
Schadenersatz und Schließung der Plattform schon einen gewissen
Märtyrer-Ruf. Und die Pirate-Bay-Macher zeigen bisher keine Reue. Svartholm
wies Klagedrohungen erboster Film- und Musikkonzerne bislang mit
drastischen Worten ab.Das Interesse in Schweden an dem Verfahren ist so
gewaltig, dass erstmals in dem Land ein Gerichtsverfahren live und komplett
im Internet übertragen wird - allerdings nur der Ton, nicht das Bild.
Monday, March 2, 2009
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